Für das Kawasaki Racing Team ging am Wochenende in Jerez de la Frontera eine Ära zu Ende. Beim Superbike-Finale 2023 fuhr Rekordweltmeister Jonathan Rea ein letztes Mal für sein Team. Die Kombination aus dem Nordiren und KRT ist mit sechs Weltmeistertiteln und unglaublichen 104 Rennsiegen die erfolgreichste der Superbike-Geschichte. Bei seinen drei letzten Ausfahrten in grün wollte der 36-Jährige noch einen Sieg drauflegen, doch es sollte nicht sein.
Im ersten Hauptrennen am Samstag kam Rea noch nicht wirklich in Fahrt. Von Rang vier gestartet, beendete er das Rennen auch an diesem Platz. Einen zwischenzeitlich gehaltenen Podestplatz konnte er gegen den angreifenden Andrea Locatelli nicht verteidigen. Rea suchte daher nach Verbesserungen am Setup seiner Kawasaki, und fand diese.
Im Superpole-Rennen am Sonntagmorgen war er bereits wesentlich konkurrenzfähiger. In einem spannenden Zweikampf mit seinem alten Rivalen Toprak Razgatlioglu sicherte er sich mit Rang Drei einen Podestplatz. Im zweiten Hauptrennen am Nachmittag wollte er in seinem letzten Auftritt für Kawasaki noch einmal zulegen, und legte los wie die Feuerwehr. Schon in der ersten Runde sicherte sich Rea die Führung und zog dann sogar Razgatlioglu und Weltmeister Alvaro Bautista davon.
Doch die Galavorstellung währte leider nur kurz. In Runde Fünf kam Rea über das Vorderrad zu Sturz. Er bewies Sportsgeist, indem er wieder aufstieg und das Rennen zu Ende fuhr, aber mehr als Rang 17 war nicht mehr möglich. "Ein bitter-süßer letzter Tag. Ich bin nicht mit Emotionen oder Wut gefahren, ich war in Rennen zwei einfach im Fluss mit meinem Motorrad", kommentierte er seine furiosen ersten Runden. "Ich habe sogar zu Uri, meinem Chefmechaniker, gesagt: 'Dieses Rennen ist für uns'. Ich gelangte an die Spitze und dachte, das sei ein gutes Gefühl, aber natürlich war es zu gut", musste Rea im Nachhinein feststellen. So kam es leider nicht zum erhofften Traumabschied: "Ich habe es in Kurve zwei einfach ein bisschen übertrieben. Das war nicht das Ende, das das Team oder ich verdient hätten."
Rea ab nächster Saison nicht mehr bei Kawasaki fahren zu sehen, wird für die Fans wohl zunächst surreal sein. Auch er selbst konnte den Abschiedsmoment noch nicht richtig fassen: "Insgesamt habe ich heute ein seltsames Gefühl. Nicht in Bezug auf die Leistung oder die Ergebnisse, sondern einfach, weil ich ein unglaubliches Team verlasse." Seinen Status als Kawasaki-Legende wird er immer behalten. Mit 370 Punkten, 18 Podestplätzen und WM-Rang Drei in der Saison 2023 hat er sich erhobenen Hauptes verabschiedet.
Reas Teamkollege Alex Lowes erlebte in Jerez einmal mehr ein unglückliches Wochenende. Der Brite konnte seine Pace nach Rang sieben im ersten Rennen am Sonntag ebenfalls steigern. Nachdem das Superpole-Rennen aufgrund von Öl auf der Strecke unterbrochen und neu gestartet werden musste, ging Lowes sogar in Führung. Im Zweikampf mit Toprak Razgatlioglu kam es dann zu einer Kollision, die Lowes nach drei Runden aus dem Rennen riss. Dabei hatte er Glück im Unglück. Er schlug mit dem Helm auf dem Hinterreifen des Motorrads des Türken auf und wurde daraufhin ins Medical Center gebracht. Am zweiten Hauptrennen konnte er nicht mehr teilnehmen, aber er entging einer schwereren Verletzung.
Trotz Sturz und Schmerzen blieb Lowes nach dem Rennen ein fairer Sportsmann: "Ich werde mich nicht über sein [Razgatlioglus] Manöver beschweren. Ich mag die Art, wie er fährt, und Rennen zwei war für die Fans fantastisch. Trotzdem ist es schade um den Sturz, und ich hatte Glück, dass ich mit dem Schrecken davongekommen bin, denn der Aufprall war heftig, und ich habe ein paar Stiche um die Augen herum und eine ziemlich starke Schwellung im Gesicht." Der Vorfall war wie ein Sinnbild seiner Saison, die von viel Pech geprägt war. Dennoch sprach der 33-Jährige seinen ausdrücklichen Dank an seine Mannschaft aus: "Vielen Dank an das gesamte Team und die gesamte Mannschaft, es war ein hartes Jahr für uns, aber sie haben jeden Tag 100 % für uns gegeben, und das weiß ich wirklich zu schätzen."
Das Kawasaki Racing Team wird auch in der Saison 2024 wieder angreifen. Dann gehen Alex Lowes und Neuzugang Axel Bassani auf die Jagd nach Podestplätzen und Siegen. Für Lowes wird die Saison besonders, da er gegen seinen Bruder Sam antreten wird, der aus der Moto2-Klasse in die Superbike-WM wechselt. Los geht es mit dem ersten von 12 Rennwochenenden 2024 auf der australischen Kult-Strecke auf Phillip Island vom 23. bis 25. Februar.